Die periodische Überprüfung Ihres Fahrzeugs ist nach § 57a des Kraftfahrgesetzes geregelt – umgangssprachlich auch bekannt unter „Pickerl“, und für viele ein lästiger, immer wiederkehrender Termin.
Aber betrachten Sie doch einmal die Komplexität des hochtechnologischen Wunderwerks Kraftfahrzeug. Immer schneller entwickeln die Fahrzeugkonstrukteure neue Technologien, die der Fahrzeugsicherheit, dem Fahrkomfort und dem Spritverbrauch gerecht werden. Dies bedarf einer unvorstellbaren Zusammenarbeit elektronischer Komponenten. Wussten Sie, dass in einem PKW etwa zwei Kilometer Kabel verlegt sind? Oder dass sich durch den Einsatz der neuen Fahrerassistenzsysteme die Anzahl der elektronischen Steuergeräte in den letzten Jahren verdoppelt hat?
Auch die Verkehrssituation hat sich maßgeblich weiterentwickelt. Seit 1960 hat sich alleine der PKW-Bestand in Österreich verzehnfacht. Damit hat sich unweigerlich auch das Fahrverhalten eines jeden einzelnen Verkehrsteilnehmers verändert. Darum ist es notwendig, mit dem technologischen Fortschritt, mit der Verkehrssituation und den klimatischen Bedingungen auch das Selbstverständnis zum eigenen Fahrzeug weiterzuentwickeln.
Die § 57a-Begutachtung überprüft die Verkehrs- und Betriebssicherheit sowie die Umweltbelästigung Ihres Fahrzeugs nach dem aktuellen Stand der Technik. Dies dient nicht nur zu Ihrer eigenen Sicherheit, sondern auch zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer.
Rechtlich definiert in europäische Richtlinie 2014/45/EU einen Europaweiten Mindeststandard für die regelmäßige technische Überwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern. In Österreich wurde diese Richtlinie im § 57a des Kraftfahrgesetz (KFG, StF.: BGBl. Nr. 267/1967 idgF BGBl. I Nr. 78/2019) und in der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV, StF.: BGBl. II Nr. 78/1998 idgF BGBl. II Nr. 65/2018) in nationales Recht umgesetzt.
Die periodische Überprüfung stellt den Zustand Ihres Fahrzeuges zum Zeitpunkt der Begutachtung dar. Dabei werden über 130 unterschiedliche Punkte Ihres Fahrzeuges auf Verkehrs- und Betriebssicherheit sowie Umweltbelästigung überprüft. Der Prüfer unterscheidet hier zwischen „Ohne Mangel“, „Leichter Mangel“, „Schwerer Mangel“, „Gefahr in Verzug“ und bei Fahrzeugen über 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht, sowie als Oldtimer zugelassene Fahrzeuge „Vorschriftmangel“.
ACHTUNG: Bei einem positiven Gutachten, in dem „Leichte Mängel“ vermerkt sind, sollten diese repariert werden (siehe „Häufige Fragen und Antworten“).
Sollten ein oder mehrere dieser Teile nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, ist die begutachtende Werkstätte verpflichtet, dies im Gutachten festzuhalten und ein sogenanntes „negatives Gutachten“ auszustellen. Auch mehrere „Leichte Mängel“ können ein „negatives Gutachten“ zur Folge haben. Da es sich in der Regel bei diesen Punkten um Verschleißteile handelt, die durch die alltägliche Verwendung des Fahrzeuges abgenutzt werden, können diese ohne weiteres behoben und das Fahrzeug erneut durch die Werkstätte begutachtet werden.
Anders als oft behauptet, stellt ein solches negatives Gutachten keine Wertminderung Ihres Fahrzeuges dar, sollten Sie Ihr Fahrzeug verkaufen wollen.
Beachten Sie bitte, dass eine gesetzeskonforme Überprüfung eines PKWs zirka eine Stunde in Anspruch nimmt und darüber hinaus – entsprechend den Vorschriften – administrativ zu bearbeiten ist. Daher stellt jede einzelne Fahrzeugbegutachtung, die im Auftrag des Gesetzgebers durchgeführt wird, auch einen einzelnen Auftrag dar.
Was muss ich zur Überprüfung mitbringen?
Den Zulassungsschein. Bei allfälligen Veränderungen des Fahrzeuges sind unbedingt die entsprechenden Genehmigungspapiere (Typenschein/COC-Papier) beizulegen.
Ersetzt ein Service das Pickerl?
Nein, da sich das Service meist auf Wartungsarbeiten nach Vorgabe des Fahrzeugherstellers hinsichtlich eines gewissen Kilometerstands bezieht.
Wie oft muss ich das Pickerl bei meinem Fahrzeug machen lassen?
Der Gesetzgeber schreibt idR für PKWs bis 3,5 t, sowie Zweiräder (ab 1. März 2020) ab Erstzulassung eine Überprüfung nach drei Jahren vor, dann nach zwei Jahren und ab dann jährlich (Achtung: Es gibt Ausnahmen, wie z. B. für Oldtimer!). Für Zweiräder gilt eine jährliche Überprüfungspflicht. Generell wird aber eine freiwillige jährliche Überprüfung empfohlen, da dies zu Ihrem eigenen Schutz und dem anderer Verkehrsteilnehmer dient.
Ich habe meinen Überprüfungstermin versäumt. Was muss ich tun?
In Österreich gelten Toleranzfristen. Sie können das Pickerl schon einen Monat vor oder vier Monate nach dem auf der Plakette eingestanzten Termin machen lassen. Beachten Sie aber bitte, ob Ihre Kaskoversicherung auch diese Fristen toleriert. Dies muss in der Versicherungspolizze angeführt sein.
Darf ich mit einem Pickerl innerhalb der Toleranzfrist ins Ausland fahren?
Österreichische Toleranzfristen werden nicht in allen Ländern anerkannt. Es empfiehlt sich daher, vor jeder Auslandsreise das Pickerl auf Gültigkeit zu überprüfen und allenfalls vor Reiseantritt erneuern zu lassen.
Meine Plakette wurde zerstört oder ist nicht mehr lesbar. Was muss ich tun?
Wenden Sie sich alsbald an die nächste Werkstätte, welche Begutachtungen durchführt. Gegen Vorlage Ihres Gutachtens erhalten Sie gerne eine Ersatzplakette.
Ich habe mein Gutachten verloren. Bekomme ich ein Duplikat?
Wenden Sie sich an die Werkstätte, die Ihr Fahrzeug überprüft hat. Diese wird Ihnen gerne eine Kopie ausstellen, da sie verpflichtet ist, die Daten sorgfältig zu verwahren.
Ich habe ein Fahrzeug in Betrieb genommen, welches trotz gültigem Gutachten, technisch nicht einwandfrei ist. Was kann mir passieren?
Die periodische Fahrzeugüberprüfung beurteilt den Zustand eines Fahrzeuges zu dem Zeitpunkt, zu dem es zur Überprüfung vorgeführt wird. Es kann jedoch sein, dass danach durch äußere Einflüsse der ordnungsgemäße Zustand nicht mehr gegeben ist. Zum Beispiel, wenn durch einen Steinschlag die Windschutzscheibe bricht. Ein Fahrzeug, das schwere technische Mängel aufweist, gefährdet die Verkehrssicherheit. Es liegt hier ein Delikt vor, welches mit bis zu € 5.000,– und einer Vormerkung im Führerschein bestraft werden kann. Abgesehen davon muss man damit rechnen, dass die Kennzeichen abgenommen werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass die Versicherung bei einem Unfall keine Haftung übernimmt und die Unfallkosten selbst zu tragen sind.
Welche Mängel können an meinem Fahrzeug festgestellt werden?
Der Gesetzgeber sieht folgende Mängel und deren Definitionen vor:
1. Ohne Mängel:
Fahrzeuge, die keine Mängel aufweisen, die nicht übermäßig Lärm, Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursachen und die den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.
2. Leichte Mängel (LM):
Fahrzeuge mit Mängeln, die keinen nennenswerten Einfluss auf die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges haben und bei denen eine kurzzeitige Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften hingenommen werden kann. Bei Fahrzeugen mit leichten Mängeln ist der Fahrzeuglenker oder Zulassungsbesitzer darauf hinzuweisen, dass diese Mängel behoben werden sollten. Das Pickerl kann ausgegeben werden.
3. Schwere Mängel (SM):
Fahrzeuge mit Mängeln, die die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges beeinträchtigen oder Fahrzeuge, die übermäßigen Lärm, Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverunreinigung verursachen. Bei Fahrzeugen mit schweren Mängeln ist der Fahrzeuglenker oder Zulassungsbesitzer darauf hinzuweisen, dass das Fahrzeug auf Grund der festgestellten Mängel nicht verkehrs- und betriebssicher ist und diese Mängel bei der nächsten in Betracht kommenden Werkstätte behoben werden müssen. Das Fahrzeug darf noch längstens zwei Monate nach dieser Begutachtung – jedoch nicht über die auf der bisherigen Plakette angegebenen Frist hinausgehend – verwendet werden. Das Pickerl darf nicht ausgegeben werden.
4. Mängel mit Gefahr in Verzug (GV):
Fahrzeuge mit Mängeln, die zu einer direkten und unmittelbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen oder mit denen eine unzumutbare Belästigung durch Lärm, Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverschmutzung verursacht werden. Der Lenker des Fahrzeuges ist darauf hinzuweisen, dass das Fahrzeug auf Grund des festgestellten Mangels nicht verkehrs- und betriebssicher ist und eine weitere Verwendung des Fahrzeuges eine direkte und unmittelbare Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt. Solche Mängel sind unmittelbar zu beheben. Das Pickerl darf nicht ausgegeben werden.
Erhält die Behörde eine Verständigung, dass bei einem Fahrzeug „Mängel mit Gefahr im Verzug“ festgestellt worden sind, so kann sie die Zulassung vorübergehend aussetzen und den Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln unverzüglich abnehmen. Sobald die Mängel behoben worden sind und ein positives Gutachten vorgelegt wird, ist diese vorläufige Aussetzung der Zulassung unverzüglich zu beenden und der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln sind wieder auszufolgen.
5. Vorschriftsmangel (VM):
Die überprüfte Position ist nicht vorschriftsmäßig bzw. entspricht nicht dem genehmigten Zustand. (z.B. nicht genehmigter Spoiler). Der Fahrzeuglenker oder Zulassungsbesitzer ist darauf hinzuweisen, das Fahrzeug umgehend in einen vorschriftskonformen Zustand zu versetzen. Das Pickerl darf nicht ausgegeben werden. Gegebenenfalls hat der Zulassungsbesitzer die Änderung beim Landeshauptmann anzuzeigen (zu typisieren).
Ich habe wegen Mängel kein Pickerl bekommen. Muss ich das Fahrzeug komplett neu überprüfen lassen?
Werden im Zuge der Überprüfung eines Fahrzeuges Mängel festgestellt, die ein Pickerl verhindern, so ist ein negatives Gutachten auszustellen. Im Falle einer Wiedervorführung des Fahrzeugs in derselben Prüf- oder Begutachtungsstelle innerhalb von vier Wochen gerechnet ab dem Tag nach der seinerzeitigen Begutachtung und nicht mehr als 1.000 gefahrenen Kilometer, müssen nur jene Prüfpositionen neuerlich geprüft werden, bei denen diese Mängel festgestellt worden sind.